Die Rote Armee

 

Ilja Ehrenburg

Die Soldaten der Roten Armee wurden systematisch gegen alles Deutsche aufgehetzt. Folgender Aufruf des jüdischen Schriftstellers Ilja Ehrenburg aus seinem 1943 erschienenen Buch: ‚Der Krieg’ wurde an der Front als Flugblatt verteilt:

 

"Wir wissen alles.  Wir erinnern uns an alles.  Wir haben begriffen: Die Deutschen sind keine Menschen.  Von nun ab ist das Wort ‚Deutscher' für uns der allerschrecklichste Fluch.  Von nun ab entladet das Wort ‚Deutscher' das Gewehr.  Wir werden nicht reden.  Wir werden uns nicht empören.  Wir werden töten.  Wenn du im Laufe des Tages einen Deutschen nicht getötet hast, ist dein Tag verloren.  Wenn du denkst, daß dein Nachbar für dich einen Deutschen tötet, dann hast du die Bedrohung nicht erkannt.  Wenn du den Deutschen nicht tötest, wird der Deutsche dich töten.  Er holt deine Nächsten und wird sie in seinem verfluchten Deutschland quälen.

 

Wenn du den Deutschen mit der Kugel nicht töten kannst, töte den Deutschen mit dem Seitengewehr.  Wenn es auf deinem Frontabschnitt ruhig ist, wenn du auf den Kampf wartest, töte den Deutschen vor dem Kampf.  Wenn du den Deutschen leben läßt, wird der Deutsche einen russischen Menschen erhängen und eine russische Frau schänden.

 

Wenn du einen Deutschen getötet hast, töte noch einen - es gibt für uns nichts Lustigeres, als deutsche Leichen.  Zähle nicht die Tage.  Zähle nicht die Wersten.  Zähle nur eins: die von dir getöteten Deutschen.  Töte den Deutschen! - das bittet die alte Mutter.  Töte den Deutschen! - das fleht das Kind.  Töte den Deutschen! - das ruft die Heimaterde.  Verfehle nicht das Ziel.  Laß ihn nicht entgehen.  Töte!’

 

Am 23.  November 1943 ließ die Politische Hauptverwaltung der Roten Armee mit dem Vermerk "laut vorlesen" folgende Sätze aus der Feder Ehrenburgs verbreiten: 

 

"Es genügt nicht, die Deutschen nach Westen zu treiben.  Die Deutschen müssen ins Grab hineingejagt werden.  Gewiß ist ein geschlagener Fritz besser als ein unverschämter.  Von allen Fritzen aber sind die toten die' besten."

 

Ein Jahr später, die Rote Armee stand an den Grenzen Ostpreußens, schrieb Ehrenburg in der Frontzeitung "Unitschtoschim Wraga" vom 17.  September 1944:

 

"‚Die Deutschen werden die Stunde verfluchen, da sie unseren Boden betraten.  Die deutschen Frauen werden die Stunde verfluchen, in der sie ihre Söhne - Wüteriche - geboren haben.  Wir werden nicht schänden.  Wir werden nicht verfluchen.  Wir werden nicht hören.  Wir werden totschlagen. “

 

Wilfried Ahrens, Verbrechen an Deutschen, Arget 1984², S. 16 f.

 

 

Die Folgen

 

 

 

Kinder, die im ostpreußischen Nemmersdorf von der Roten Armee ermordet wurden.

 

 

 

 

Treck, von der roten Armee zerstört

 

 

 Einer der zahllosen  Augenzeugenberichte

 

 

Das Bild des geschändeten und ermordeten 

deutschen Mädchens

 

 

Dr. med.  Arnold Niedenzu, Facharzt für Chirurgie, aus Rössel:

 

Ich glaube auch, daß nur ganz wenige Russen diese furchtbaren Verbrechen nicht mitgemacht haben."

 

„Während des Russeneinfalls in Ostpreußen war ich als leitender Arzt des St. Josefskrankenhauses in Rössel dort geblieben.  Erst nach Ablösung durch einen polnischen Arzt habe ich am 12.12.1945 Ostpreußen verlassen.

 

Rössel und Umgebung war infolge völligen Versagens der zuständigen deutschen Stellen nicht evakuiert worden.  Nur wenige Einwohner haben sich noch rechtzeitig vor den Russen in Sicherheit bringen können. Die Stadt wurde nach ganz unbedeutender Gegenwehr am 28.1.1945 nachmittags besetzt.  Sofort kam es zu ausgedehnten Plünderungen, Brandstiftungen, Gewalttätigkeiten und Vergewaltigungen, Mord und Totschlag.  Schon in den ersten Tagen sind in Rössel 60 Personen erschlagen oder erschossen worden.

 

Es handelte sich um Frauen, die sich nicht vergewaltigen lassen wollten, Männer, die sich schützend vor ihre Frauen und Kinder stellten, Leute, die nicht rasch genug mit ihren Uhren oder Schnapsflaschen herausrückten. In vielen Fällen war überhaupt ein Motiv nicht ersichtlich.  So wurden im Kath.  Hospital drei Männer und fünf Frauen erschossen, in der Stadt eine Lehrerwitwe mit vier Kindern. Diese ersten Opfer konnten erst nach  einer Woche in einem Massengrab beigesetzt werden.

 

  In der Umgebung wurden vorwiegend größere Bauern und Gutsbesitzer  erschossen.  In einem der benachbarten Dörfer, Plössen, ist die Hälfte der Einwohner umgebracht worden, in dem Dorf Trautenau (Kreis Heilsberg) mehr als die Hälfte. Auffallend hoch ist auch die Zahl der erschossenen Geistlichen: Pfarrer Lindenblatt/Rastenburg, Zagermann/Glockstein (von zwei Russen durch Kopfschuß tödlich versetzt), Ludwig/Santoppen, erschossen von demselben russischen Offizier, den er noch abends zuvor bewirtet hatte. Marquwardt/Plausen zwischen zwei Schwestern erschossen; die Schwestern fielen ohnmächtig um und entgingen wohl nur so dem gleichen Schicksal.

 

Schon nach den ersten Tagen wurde zu uns ins Krankenhaus eine Wöchnerin mit sehr schwerem Lungenschuß eingeliefert.  Als ein Russe sie vergewaltigen wollte, machte sie ihm klar, daß sie dicht vor der Niederkunft stünde.  Daraufhin trat ihr der Russe auf den Bauch und schoß auf sie; das Kind wurde vorzeitig geboren, die Mutter kam in fast hoffnungslosem Zustand ins Krankenhaus, ist aber nach Monaten geheilt.

 

Die Vergewaltigungen nahmen ein unvorstellbares Ausmaß an.  Nach meinen Erfahrungen darf ich behaupten, daß von den Frauen und Mädchen zwischen 50 und 15 Jahren nur 10% verschont geblieben sind.  Der Russe machte vor nichts halt: Greisinnen (bis 80 Jahre), Kinder (bis 10 Jahre abwärts), Hochschwangere und Wöchnerinnen.  Die Vergewaltigungen gingen unter den widerlichsten Umständen vor sich.  Die Russen überfielen häufig schon tags die Frauen, vorwiegend aber nachts drangen sie durch die zerbrochenen Fenster oder durch die eingeschlagenen Türen, ja durch das abgedeckte Dach in die Häuser und stürzten sich auf die unglücklichen Frauen und Mädchen.  Meist mit vorgehaltener Waffe.  Häufig hielten sie die Pistolenmündung direkt in den Mund des unglücklichen Opfers.  Häufig war es so (man sträubt sich, es zu schreiben), daß das weibliche Wesen von mehreren festgehalten wurde, während sich die Wüstlinge nacheinander bei der Vergewaltigung ablösten.  So manche Frau ist anschließend erschossen worden (z.B. eine mir sehr gut bekannte Frau K.), eine andere (Frau D.) ist anschließend erschossen und dann noch mit dem Auto überfahren worden.  Häufig wurden die Frauen bei der Vergewaltigung noch in übelster Weise geschlagen, gestochen oder sonst mißhandelt.

 

Ich glaube auch, daß nur ganz wenige Russen diese furchtbaren Verbrechen nicht mitgemacht haben.  Es bestand da kaum ein Unterschied zwischen Offizier und gewöhnlichem Soldaten.  Als ein 10jähriges Kind mit schweren Zerreißungen nach Vergewaltigung ins Krankenhaus gebracht wurde, wandte ich mich an den polnischen Dolmetscher bei der GPU, ob es denn gar keine Möglichkeit gäbe, diesem entsetzlichen Treiben Einhalt zu gebieten.  Daraufhin sagte er mir: „Anfangs war es erlaubt, da ist es natürlich schwer, es jetzt zu verbieten."

 

Nur in ganz seltenen Fällen gelang es, die Missetäter der Kommandantur zu übergeben.  Sie wurden dann auf ein paar Stunden eingesperrt, womit der Fall für die russische Kommandantur erledigt war.  Davon, daß einmal auch ein Mörder zur Verantwortung gezogen worden ist, weiß ich nichts.  Die Verheerungen auf körperlichem und sittlichem Gebiet waren furchtbar.

 

Geschlechtskrankheiten, häufig schon bei Minderjährigen, waren außerordentlich verbreitet.  Mittel zu ihrer Bekämpfung standen unzureichend zur Verfügung.  Die Rösseler Apotheke war durch die Russen vollkommen ausgeräumt worden, im Krankenhaus waren nur geringe Vorräte.  Im Krankenhaus Bischofstein waren die meisten Medikamente, wie auch Instrumente geraubt worden.  Häufig wurde der Tripper zu Hause von der ahnungslosen Mutter auf die kleinen Kinder übertragen.  Im Krankenhaus wurden täglich 25 und mehr Behandlungen und Untersuchungen auf Geschlechtskrankheiten durchgeführt.

 

Schlimmer noch war die sittliche Verwilderung.  Während anfangs Frauen und Mädchen bei der Eröffnung, sie wären geschlechtskrank, fassungslos weinten, nahmen später selbst Vierzehnjährige es gleichmütig, abgestumpft hin.  Ein Hauptgesprächsthema wurde bald, daß man in letzter Nacht vom Russen "belästigt" worden sei, selbst unter Halbwüchsigen.  Weiterhin gingen später manche Frauen und Mädchen lieber mit einem Russen ein Verhältnis ein, um gegen Überfälle durch andere gesichert zu sein, später auch, weil sie der Hunger dazu trieb.  Dazu kam noch das schlechte Beispiel von solchen, die sich den Russen an den Hals warfen und noch damit prahlten.

 

Hiergegen treten alle anderen Greuel doch mehr zurück.  Am 10.2. wurde, ohne ersichtlichen Grund, die Bevölkerung aus der Stadt ausgewiesen.  Fuhrwerke, Autos oder Fahrräder durften nicht mitgenommen werden.  So konnte jeder mehr oder weniger nur das mitnehmen, was er mit seinen Händen tragen konnte.  Nur das Krankenhaus durfte bleiben und seinen Betrieb weiterfahren.  Meine Bitte, man solle wenigstens die alten Schwestern im Kloster bleiben lassen, blieb unberücksichtigt.

 

Die Rösseler mußten Zuflucht suchen in den umliegenden Dörfern, die durch die Flüchtlinge aus den Grenzkreisen überfüllt waren.  So lagen häufig 80 und mehr Personen auf einem Bauernhof.  Häufig mußten 20 bis 30 Menschen in einem Zimmer schlafen.

 

Inzwischen wurden die Wohnungen von der Kommandantur systematisch ausgeräumt, ebenso die Geschäfte, Speicher.  Was nicht fortgebracht wurde nach Rußland, wurde zerschlagen und vernichtet.  Die Häuser waren bald in einem unbeschreiblichen Zustand, die Straßen in schlimmster Weise verdreckt.  Später wurden deutsche Frauen und Mädchen von der Kommandantur zur Straßenreinigung eingesetzt, wobei sie den Schmutz von der Straße in die Häuser werfen mußten.  Brandstellen waren etwa 40 in der Stadt, die Häuser, in denen die Russen nicht wohnten, bis zur Unbewohnbarkeit demoliert.

 

Sehr bald setzten auch die Ausplünderungen der Bauernhöfe und Güter ein.  Die Pferde wurden in Trecks fortgetrieben, die Kühe zu Hunderten auf größeren Besitzungen zusammengetrieben bzw.  Kühe und Schweine wahllos abgeschlachtet, den Deutschen ihre Vorräte geraubt, so daß sie seit Ostern meistens nur noch Kartoffeln und Roggen als Nahrung hatten.  Den Roggen mußten sie aus den noch von der letzten Ernte stehengebliebenen Schobern holen, er wurde zu Hause mit Hölzchen ausgedroschen und zweimal durch die Kaffeemühle gemahlen.  Denn auch die landwirtschaftlichen Maschinen, selbst die Sensen waren überall geholt worden: Beutegut!

 

Die Folge war weitgehende Unterernährung.  Es setzte unter den Alten und den Kleinkindern ein Massensterben ein.  Säuglinge sind (bis auf einen einzigen) nicht am Leben geblieben, von den Kleinkindern nur wenige.

 

Aber auch andere Krankheiten: Hungerödeme, ausgedehnte Hauteiterungen breiteten sich infolge der Unterernährung immer mehr aus.  Bald nach der Ausweisung der städtischen Bevölkerung brach eine Ruhrepidemie aus, im Mai eine Typhusepidemie, die im September ihren Höhepunkt erreichte.  Viele sind dem Typhus erlegen.  Das Krankenhaus war vorübergehend mit 110 Typhuspatienten belegt mit 15% Todesfällen.  Der Hundertteil der nicht ins Krankenhaus verbrachten Kranken ist wahrscheinlich höher.  Im Herbst ließen die Einlieferungen nach, wohl weniger, weil die Epidemie nachließ als deshalb, weil die meisten Deutschen inzwischen hatten auswandern müssen.

 

Durch Mord, Seuchen, Unterernährung sind große Lücken in der Bevölkerung, aufgerissen worden, mehr aber noch wurde sie dezimiert durch die Verschleppungen.

 

Ende Februar begann die GPU ihre Tätigkeit.  Die Menschen wurden von der Straße, vom Arbeitsplatz, aus den Häusern, aus den Betten ergriffen und auf Lastautos nach dem nächsten GPU-Gefängnis gebracht.  In Rössel war dieses im Gymnasium.

 

Bei einem Menschenfang, denn anders konnte man die Verhaftungen nicht bezeichnen, wurde ganz willkürlich vorgegangen, nicht etwa nach parteilicher Belastung.  So wurden vom Postinspektor L. aus Rössel  alle vier Töchter geholt, von denen keine je mit der Partei etwas zu tun gehabt hatte.  Von diesen ist die älteste im Dezember krank nach Berlin zurückgekehrt, die zweite ist in Sibirien gestorben, von den beiden jüngsten fehlt jede Spur.

 

  Es wurden von Männern und Jungens zwischen 70 und 15 Jahren etwa 90%, von Frauen und Mädchen zwischen 50 und 15 Jahren etwa die Hälfte verschleppt.

 

Häufig sind stillende Mütter von ihren Säuglingen fortgerissen worden, häufig Mütter von sechs und mehr Kindern......“

 

A.     a. O., S. 73-76

 

Eine umfassende Darstellung der Geschehnisse beim Einmarsch der Roten Armee ins Reichsgebiet gibt

Joachim Hoffmann, Stalins Vernichtungskrieg 1941-1945, München 1999, 5. Aufl., S. 276-320

 

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